Das Erzählen und Hören von
Märchen ist ein wichtiger Teil der kognitiven und sprachlichen
Entwicklung von Kindern.
Dabei entsteht eine tiefgreifende Kommunikation zwischen
Erzähler und Hörer, die Vertrauen und zwischenmenschliche
Bindung schafft. Das Kind "vertraut" darauf, daß der
Erzähler am Ende alles Furchteinflößende, Böse
und Lebensbedrohliche in der Märchenhandlung zu einem guten
Ende wendet.
Die Welt entsteht in der Phantasie als weites Spielfeld für
Lebensmöglichkeiten und ist dabei aber letzlich ein sicherer
Ort, der mit Zuversicht begangen werden kann.
Auf dieser Basis kann ein Kind Selbstvertrauen in die eigenen
Fähigkeiten und Handlungen und den Mut zur Interaktion mit
einer "gefährlichen" Welt entwickeln. |
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Märchenkritiker wenden dagegen ein, das
Kind könnte Allmachtsphantasien entwickeln oder sein Leben
lang "Traumprinzen" und "Luftschlössern"
nachjagen. Das ist nach den Erkenntnissen der
Entwicklungspsychologie und nach meiner persönlichen Erfahrung
barer Unsinn, da Kinder im Rahmen ihres sich ständig
erweiternden Erfahrungsbereichs und durch die sozialisierende
Interaktion mit Gleichaltrigen immer dann "auf den Boden der
Tatsachen" geholt werden, wenn es ihrem kognitiven Stand
erkenn- und nachvollziehbar angemessen ist. Was umso angstfreier
und "agnostischer" geschieht, je stärker die
"böse Realität" von einem Urvertrauen
relativiert und aufgefangen werden kann.
Eine kindlich-naive Weltsicht kann sich nur erhalten, wenn dem Kind
der Kontakt zu erfahrbarer Wirklichkeit verwehrt oder durch
pseudopädagogische Psychostimulanzien wie Beschönigung,
Verharmlosung, Lügen und bedingunslose Glaubensinfiltration
verzerrt wird. (Man denke an den jungen Siddhartha Gautama, der
erst im Alter von 29 Jahren aus seiner behüteten Welt heraus-
und in den Prozess des "Erwachens" hineintrat.)
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Märchen als Motoren für die Sprachentwicklung des
Kindes:
• Märchen sind prall gefüllt mit Begriffen,
Namen und Wortwendungen, die in der Alltagssprache kaum vorkommen.
Konzentriertes Hören erweitert das Sprachvermögen und die
Vorstellungskraft, was mit einem Sprachbild gemeint sein
könnte.
• Kinder hören immer wieder gern die gleichen
Märchen, ohne sich dabei zu langweilen. Das liegt nicht nur an
der Vertrautheit der Handlung, sondern auch an dem immer tieferen
Erkennen der Subtexte, die das Kind auf der Basis des bereits
Bekannten weiter in die moralischen Perspektiven und mögliche
andere Verläufe des Geschehens hinein assoziieren
lässt. |
• Durch die meistens sehr schmuckvolle Ausgestaltung des
Erzählers lernt das Kind viele Wortfamilien und die
semantische Nuancierung entsprechend verwandter Begriffe
verstehen.
• Sprache wird damit als kunstreiches Gebilde erfahren, das
viele Facetten von Schönheit und Ästhetik aufweist - eine
wichtige Vorraussetzung für späteres eigenes
Lesevermögen und -vergnügen.
• Durch Nachfragen wird die richtige Benennung von Dingen und
Vorgängen bei Kindern geschärft, was beim
Nacherzählen von Gehörtem und Erlebtem zu besserer
Verständlichkeit und Genauigkeit führt.
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Märchen für Jugendliche und Erwachsene
Das Harry-Potter-Phänomen zeigt - neben geschickter Marketingstrategie - auch das Bedürfnis von älteren Kindern und Jugendlichen, einer technokratisierten Welt die Flucht in Zauberwelten und Magie entgegen zu stellen. Über den pädagogischen Nutzen läßt sich's bei Interesse in unserem Forum streiten.
Auch der Großteil belletristischer Werke für Erwachsene sind ja nichts anderes als Märchen, weil das Spiel mit Lebensmöglichkeiten und
unterschiedlichen Interpretationsweisen der Welt ein spirituelles
Grundbedürfnis der meisten Menschen ist. |
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Die mündliche Erzähltradition ist bei uns weitgehend dem
kurzlebigen, von den Medien gepuschten Klatsch gewichen, so
daß es nicht verwundert, zwischen all den
"Stammtisch-Codes" kaum noch packend Erzähltes zu
finden.
In einigen Kulturkreisen, vor allem im arabischen und afrikanischem Raum, hat sich
aber eine öffentliche Erzähltradition erhalten, die in
unserer schnelllebigen Welt undenkbar erscheint:
Aufmerksam lauschend und stundenlang vor Samowars und dampfenden
Wasserpfeifen sitzend genießen diese Taugenichtse die
" Märchen aus 1001 Nacht", voller Frivolitäten
und einem gekonnten Hinauszögern der Spannung ;-)
Werner Friebel
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"Peter und der Wolf"
...ist ein Märchen, das meist sowohl Kinder wie auch Erwachsene in seinen Bann zieht. Es ist ein Musik-Märchen von Sergei Prokofjew, der neben der Musik auch den Text schrieb. Es entstand 1936 nach der Rückkehr des Komponisten in die Sowjetunion, angeregt von Natalija Saz, der künstlerischen Leiterin des Moskauer Zentralen Kindertheaters, um Kinder mit den Instrumenten des Sinfonieorchesters vertraut zu machen. Dabei ist jede Figur in der Geschichte einem bestimmten Instrument zugeordnet und hat ein eigenes musikalisches Thema.
"Peter und der Wolf" gibt es in zahlreichen Bearbeitungen, so etwa für gemischten Chor, ein Blockflötenensemble, Akkordeonorchester sowie etliche Jazz- und Rock-Fassungen, u.A. von Sting. Die filmische Bearbeitung der englischen Regisseurin Suzie Templeton gewann den Oscar 2008 für den besten animierten Kurzfilm. In ihr findet die Original-Orchestermusik Verwendung.
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Entwarnung für besorgte Eltern, wenn Kinder mit imaginären Phantasiefiguren leben - Beitrag der Süddeutschen Zeitung zu kindlichen Märchen- und Geistervorstellungen (von Hubertus Breuer) |
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Hier findet Ihr (fast) alles online zum Thema.
Ein Lexikon rund um die Märchenwelt zur Recherche im Internet
mit vielen Hintergrundinformationen.
Neben so ziemlich allen bekannten europäischen Märchen im Volltext gibt es hier
wissenschaftliche Arbeiten, weiterführende Infos und
zusätzliche Links zum Thema.
Buch von Eugen Drewermann. DTV Verlag, 447 Seiten
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Eine bebilderte Gute-Nacht-Geschichte von einem boshaften Kobold und seinem dummen Kater
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Uh, da kommt der Rübezahl!
Jazz-Blues "Rübezahl"
von "Dirty Fingers" (CD "magic mood") feat. Johannes Enders (Sax) Musik: Werner Friebel
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