Märchen &
Zauberwelten



Das Erzählen und Hören von Märchen ist ein wichtiger Teil der kognitiven und sprachlichen Entwicklung von Kindern.
Dabei entsteht eine tiefgreifende Kommunikation zwischen Erzähler und Hörer, die Vertrauen und zwischenmenschliche Bindung schafft. Das Kind "vertraut" darauf, daß der Erzähler am Ende alles Furchteinflößende, Böse und Lebensbedrohliche in der Märchenhandlung zu einem guten Ende wendet.
Die Welt entsteht in der Phantasie als weites Spielfeld für Lebensmöglichkeiten und ist dabei aber letzlich ein sicherer Ort, der mit Zuversicht begangen werden kann.
Auf dieser Basis kann ein Kind Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Handlungen und den Mut zur Interaktion mit einer "gefährlichen" Welt entwickeln.
     


"Die kleine Hexe"

von Otfried Preussler
Thienemann, 127 Seiten
Märchenkritiker wenden dagegen ein, das Kind könnte Allmachtsphantasien entwickeln oder sein Leben lang "Traumprinzen" und "Luftschlössern" nachjagen. Das ist nach den Erkenntnissen der Entwicklungspsychologie und nach meiner persönlichen Erfahrung barer Unsinn, da Kinder im Rahmen ihres sich ständig erweiternden Erfahrungsbereichs und durch die sozialisierende Interaktion mit Gleichaltrigen immer dann "auf den Boden der Tatsachen" geholt werden, wenn es ihrem kognitiven Stand erkenn- und nachvollziehbar angemessen ist. Was umso angstfreier und "agnostischer" geschieht, je stärker die "böse Realität" von einem Urvertrauen relativiert und aufgefangen werden kann.
Eine kindlich-naive Weltsicht kann sich nur erhalten, wenn dem Kind der Kontakt zu erfahrbarer Wirklichkeit verwehrt oder durch pseudopädagogische Psychostimulanzien wie Beschönigung, Verharmlosung, Lügen und bedingunslose Glaubensinfiltration verzerrt wird. (Man denke an den jungen Siddhartha Gautama, der erst im Alter von 29 Jahren aus seiner behüteten Welt heraus- und in den Prozess des "Erwachens" hineintrat.)

Märchen als Motoren für die Sprachentwicklung des Kindes:

• Märchen sind prall gefüllt mit Begriffen, Namen und Wortwendungen, die in der Alltagssprache kaum vorkommen. Konzentriertes Hören erweitert das Sprachvermögen und die Vorstellungskraft, was mit einem Sprachbild gemeint sein könnte.
• Kinder hören immer wieder gern die gleichen Märchen, ohne sich dabei zu langweilen. Das liegt nicht nur an der Vertrautheit der Handlung, sondern auch an dem immer tieferen Erkennen der Subtexte, die das Kind auf der Basis des bereits Bekannten weiter in die moralischen Perspektiven und mögliche andere Verläufe des Geschehens hinein assoziieren lässt.
• Durch die meistens sehr schmuckvolle Ausgestaltung des Erzählers lernt das Kind viele Wortfamilien und die semantische Nuancierung entsprechend verwandter Begriffe verstehen.
• Sprache wird damit als kunstreiches Gebilde erfahren, das viele Facetten von Schönheit und Ästhetik aufweist - eine wichtige Vorraussetzung für späteres eigenes Lesevermögen und -vergnügen.
• Durch Nachfragen wird die richtige Benennung von Dingen und Vorgängen bei Kindern geschärft, was beim Nacherzählen von Gehörtem und Erlebtem zu besserer Verständlichkeit und Genauigkeit führt.

"Grimms Märchen"

Knaur Verlag, 339 Seiten

Märchen für Jugendliche und Erwachsene

Das Harry-Potter-Phänomen zeigt - neben geschickter Marketingstrategie - auch das Bedürfnis von älteren Kindern und Jugendlichen, einer technokratisierten Welt die Flucht in Zauberwelten und Magie entgegen zu stellen. Über den pädagogischen Nutzen läßt sich's bei Interesse in unserem Forum streiten.
Auch der Großteil belletristischer Werke für Erwachsene sind ja nichts anderes als Märchen, weil das Spiel mit Lebensmöglichkeiten und unterschiedlichen Interpretationsweisen der Welt ein spirituelles Grundbedürfnis der meisten Menschen ist.

Die mündliche Erzähltradition ist bei uns weitgehend dem kurzlebigen, von den Medien gepuschten Klatsch gewichen, so daß es nicht verwundert, zwischen all den "Stammtisch-Codes" kaum noch packend Erzähltes zu finden.
In einigen Kulturkreisen, vor allem im arabischen und afrikanischem Raum, hat sich aber eine öffentliche Erzähltradition erhalten, die in unserer schnelllebigen Welt undenkbar erscheint:
Aufmerksam lauschend und stundenlang vor Samowars und dampfenden Wasserpfeifen sitzend genießen diese Taugenichtse die "Märchen aus 1001 Nacht", voller Frivolitäten und einem gekonnten Hinauszögern der Spannung ;-)

Werner Friebel
   

"Peter und der Wolf"

...ist ein Märchen, das meist sowohl Kinder wie auch Erwachsene in seinen Bann zieht. Es ist ein Musik-Märchen von Sergei Prokofjew, der neben der Musik auch den Text schrieb. Es entstand 1936 nach der Rückkehr des Komponisten in die Sowjetunion, angeregt von Natalija Saz, der künstlerischen Leiterin des Moskauer Zentralen Kindertheaters, um Kinder mit den Instrumenten des Sinfonieorchesters vertraut zu machen. Dabei ist jede Figur in der Geschichte einem bestimmten Instrument zugeordnet und hat ein eigenes musikalisches Thema.

"Peter und der Wolf" gibt es in zahlreichen Bearbeitungen, so etwa für gemischten Chor, ein Blockflötenensemble, Akkordeonorchester sowie etliche Jazz- und Rock-Fassungen, u.A. von Sting.
Die filmische Bearbeitung der englischen Regisseurin Suzie Templeton gewann den Oscar 2008 für den besten animierten Kurzfilm. In ihr findet die Original-Orchestermusik Verwendung.
   



"Begleiter im Geiste"

Entwarnung für besorgte Eltern, wenn Kinder mit imaginären Phantasiefiguren leben - Beitrag der Süddeutschen Zeitung zu kindlichen Märchen- und Geistervorstellungen (von Hubertus Breuer)
    

Das Märchenlexikon

Hier findet Ihr (fast) alles online zum Thema.
Ein Lexikon rund um die Märchenwelt zur Recherche im Internet mit vielen Hintergrundinformationen.
Neben so ziemlich allen bekannten europäischen Märchen im Volltext gibt es hier wissenschaftliche Arbeiten, weiterführende Infos und zusätzliche Links zum Thema.

Grimms Märchen tiefenpsychologisch gedeutet

Buch von Eugen Drewermann. DTV Verlag, 447 Seiten
Bestellmöglichkeit hier

Der Kobold Quoddldoddl

Eine bebilderte Gute-Nacht-Geschichte
von einem boshaften Kobold und seinem dummen Kater
    
Uh, da kommt der Rübezahl!

Jazz-Blues "Rübezahl" von "Dirty Fingers" (CD "magic mood")
feat. Johannes Enders (Sax) Musik: Werner Friebel