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Entwicklung von |
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Spätestens seit dem Erscheinen des Buchs
"Kanak Sprak" von Feridun Zaimoglu (1995) ist die Entwicklung
eigenständiger Sprachcodes in Deutschland ins allgemeine
Bewusstsein und in die Talkshows zum Thema "Deutsche Sprache/
Deutschunterricht" gerückt. Der Buchtitel wird sogar als
Fachbegriff für einen bestimmten migrantischen Soziolekt verwendet, der hauptsächlich von
türkischstämmigen Jugendlichen deutscher
Großstädte geprägt wurde, darüber aber weit
hinausgeht und sich als vereinfachter semantischer Code in
Grammatik, Lautverschiebungen und vielen türkischen und
englischen Einsprengseln als verballhorntes Deutsch einer breiteren
Jugend-Unterschicht entwickelt hat. Dieser Neologismus stammt von der ursprünglich rassistisch-abschätzig gemeinten Bezeichnung "Kanaken" (ist eigentlich die Bezeichnung für die Ureinwohner Neukaledoniens), mit der Deutsche Einwanderer und ehemalige Gastarbeiter, insbesondere türkischer und arabischer Abstammung bedacht wurden. (Allerdings wurde "Kanake" schon um 1900 im Berliner Gaunerjargon synonym zu "Hanake" verwendet, womit man einen groben, plumpen oder sogar niederträchtigen Menschen meinte.) |
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Durch den bewussten Umgang mit dem Begriff bekennen sich viele
Jugendliche offensiv zu ihrer Rolle als gesellschaftliche
Außenseiter: Die Schmähungen Kanaken und
Türkendeutsch werden ins Positive gewendet; in ein Kennzeichen
der Zugehörigkeit zu einer selbstbewusst-aggressiv
auftretenden Kultur zwischen den Kulturen.
In der spezifischeren, üblichen Bedeutung ist ein Code eine Vereinbarung über einen Satz von Symbolen (Verweisen) zwischen Aufzeichnenden (Sendern) und Lesenden (Empfängern), um eine effiziente Vermittlungsweise für häufige Botschaften zu etablieren. Sie dienen der aufwandsarmen (energie- und zeiteffizenten) und sicheren, zuverlässigen Aufzeichnung und Übertragung von Information. Ihr Zweck ist die Effizienz, die je nach Art der Information und Anwendungsbereich unterschiedlich realisiert werden kann. Effizienz wird hier durch Reduzierung der Komplexität erreicht, wodurch auch die Kapazität des Codes abnimmt (restringierter Code). Dazu werden anstelle der Information in ihrer vorliegenden Form einfachere Elemente und Kombinationen von diesen verwendet. Diese Kombinationen verweisen auf die ursprüngliche Information. Je häufiger etwas verwendet wird, desto geringer sollte der Aufwand für die Verarbeitung eines Elements sein. Codes beinhalten zwei Aspekte von Effizienz: • Einerseits ersetzen sie das Ursprüngliche durch einen reinen Verweis auf dieses (das Bezeichnete wird durch das Codewort ersetzt) und benötigen daher nur einen kleineren Vorrat an Verweisen, der Wiedererkennbarkeit und Unterscheidbarkeit garantiert (Irrtumsfreiheit). • Zweitens benutzen sie meistens ein Baukastensystem, indem häufigere Verweise durch kurze (wenigelementige) Kombinationen und seltenere Verweise durch längere (vielelementige) Kombinationen bereitgestellt sind. Dadurch werden die einfachsten Elemente (Bauelemente, Zeichen) möglichst häufig verwendet bzw. wiederverwendet (nämlich in fast allen Verweisen). Codes werden, in einem größeren Rahmen gesehen und unabhängig von ihrer eigenen Raffinesse, erst durch die wiederholte Verwendung als Hilfsmittel zur Informationsübertragung wirklich effizient. Denn die Verständlichkeit beim lesenden System setzt ja auch in diesem irgendeine vorbereitende Organisation (zum Beispiel Lernen, gemeinsame Clique) voraus. Codes werden daher zu einem Bestandteil dervon Kultur von Systemen (zum Beispiel Szenejargon, Gruppenzugehörigkeit) und entwickeln eine gewisse Beharrlicheit gegen Änderungen. Diese Energieminimierung macht Codes attraktiv, aber für die Anwender auch gefährlich bei der Informationsübertragung, da die meisten Codes so aufgebaut sind, daß das Ergebnis, in das er eine Information kodiert, überflüssige, also redundante Anteile enthält. Das heißt, die erzeugte Abfolge von Symbolen enthält Daten, die nicht zum Ziel führen und wenn man sie falsch dekodiert, ein falsches Ergebnis ergeben. Diese Spezifikationen der Gruppenzugehörigkeit und Abgrenzung finden Sie als Mikro-Code übrigens in fast jeder, auch "rein deutschen" Stammtisch-Clique ;-) |