Geschichte
& Archäologie



Geschichtsunterricht als Schulfach ist eine staatliche Veranstaltung. Er steht in der Verantwortung des Staates und unterliegt staatlich verordneten Lehrplänen. Deshalb besteht beim Geschichtsunterricht immer die Gefahr, einer geschichtspolitischen Indoktrination zu dienen. Andererseits gibt es durchaus legitime Gründe für eine Kultur bzw. Gesellschaft, Geschichtsunterricht zu institutionalisieren.
In der Geschichte des Geschichtsunterrichts hat es verschiedene Interessen und Begründungen für die Einschränkung oder Ausweitung bzw. spezifische Ausrichtungen von Geschichtsunterricht und das Vermitteln bestimmter Inhalte bzw. Überzeugungen gegeben.
Die verbreitete Vorstellung, dass es die Hauptaufgabe des Geschichtsunterricht sei, die jeweils aktuellen Ergebnisse der Geschichtswissenschaft den Schülern einfach zu vermitteln ("Abbilddidaktik"), ist aus geschichtstheoretischen wie pädagogischen Gründen nicht haltbar.
Auch bei guter Quellenlage und kritischer Betrachtung bleibt Geschichtsschreibung eine (natürlich zulässige und notwendige) Interpretation der Vergangenheit, aus der sich aber m.E. keine allgemeingültigen inhärenten Gesetze für die weitere Menschheitsevolution ableiten lassen, wie das etwa Historizisten wie Hegel oder Marx mit bekannt destruktiven Folgen versucht haben.


moche-Skulptur    
Greifen wir stellvertretend für Tausende von Geschichtsklitterungen das prominente Beispiel der "Entdeckung Amerikas" heraus:
Seit Jahrhunderten wird sie in abendländischer Hybris Kolumbus zugeschrieben, weil er durch seine Reise die wirtschaftliche und religiöse Ausbeutung des Kontinents durch die Europäer ermöglicht hatte.
Man weiß, dass Amerika schon ca. 10 Jahrtausende v. Chr. via Ostasien (Sibirien) in verschiedenen Wellen besiedelt wurde und indianische Hochkulturen entstanden, die denjenigen Vorderasiens nicht nachstanden.
Nach neuesten Theorien fand die Erstbesiedlung Amerikas bereits vor 50.000 Jahren statt!
Auch die "Entdeckung" von Europa aus erfolgte lang vor Koloumbus durch die Wikinger, durch dänisch-portugiesische Seefahrer (Pining/ Corte-Real) und wohl etliche andere; von Asien aus auch durch Polynesier, die u.A. nachweislich das Huhn nach Chile brachten.

Noch ein weiteres Beispiel für die Selbstbeweihräucherung und Verleugnung westlicher Geschichtsschreibung: Das erste gedruckte Buch (Holz-Blockdruck) war ein "Diamant-Sutra" in einem buddhistischen Kloster Nordwest-Chinas, erstmals herausgegeben am 11. Mai 868!

Die Aufgabe eines guten Geschichts-Coaches ist also, die Lernenden nicht mit der Zielsetzung der Vermittlung eines bestimmten Geschichtsbildes zu "quälen", sondern sie zu einem eigenständigen und kritischen historischen Denken hinführen, in dem das selbstständige Entdecken von Zusammenhängen und den daraus resultierenden anthropologisch-philosophischen Evaluationen geistiges Vergnügen und "Geschichtsbewusstsein" vermitteln.



In den deutschsprachigen Ländern ist die Weiterentwicklung der Geschichtsdidaktik mit der nach PISA bildungspolitisch forcierten Ausrichtung der Lehrpläne auf "Kompetenzen" dabei schon auf dem richtigen Weg, obwohl das Steuerungsinstrument (sic!) der "Bildungsstandards" hier auch nachteilig wirken könnte.
Die Förderung von Geschichtsbewusstsein als oberstes Ziel des Geschichtsunterrichts sollte den Lernenden in die Lage versetzen, auch nach Ende seiner Schulzeit (und während der Schulzeit in seiner Freizeit) ohne Anleitung selbstständig historisch zu denken, seine eigene Identität zu entwickeln und zu reflektieren und gleichberechtigt an der gesellschaftlichen Diskussion und Auseinandersetzung über Geschichte teilzunehmen.
Der Geschichtsunterricht in Deutschland ist hinsichtlich der Anordnung der zu behandelnden Stoffe überwiegend chronologisch organisiert. Dieses Prinzip ist jedoch ziemlich problematisch, denn es berücksichtigt weder in hinreichendem Maße den aktuellen Stand der Geschichtstheorie noch die Fragestellungen und Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie.
Sinnvoller, ja meiner Meinung nach sogar unabdingbar für eine kostruktive Weiterentwicklung unserer Demokratie, ist die Orientierung an jeweils gegenwärtig relevanten Problemkomplexen (z.B. historische Entwicklung im Nahen Osten) verbunden mit den Prinzipien des Beutelsbacher Konsenses für Politikdidaktik bzw. Politischen Bildung.
Ein engagierter Coach sollte die kulturhistorischen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen und Verflechtungen historischer und gegenwärtiger Ereignisse zur Diskussion stellen und die damit einhergehende Auseinandersetzung der Lernenden fordern und fördern.
Sehr hilfreich sind dabei aktuelle "Beleuchtungen" der Themen, wie sie insbesondere weitere Texte (Zeitungsartikel, neue Bücher), audiovisuelle Medien (Film, Video, Fernsehen, Tonaufnahmen), Augen- und Zeitzeugeninterviews und computergestützte Medien wie CD-ROM und Internet anbieten.

Für den "Einstieg" in Historisches Verständnis bietet sich in unteren Jahrgangsstufen und auch im Familienkreis die Beschäftigung mit dem eigenen Umfeld an (Ortsgeschichte, Familiengeschichte etc.).
Früher (und in der Schweiz bis heute) gabs dafür noch das umfassende Fach "Heimatkunde" (statt "Sachkunde"), das die Verflechtungen von Geschichte, Geographie, Geologie und Fauna/ Flora im Zusammenhang mit der gegenwärtigen existenziellen Situation anschaulich machen konnte.

Zudem sollte jeder historisch Interessierte sich immer vor Augen halten, daß Menschengeschichte soeben erst geschehen ist - der Hunnensturm und die Völkerwanderung liegen grad mal 50 Generationen zurück - ein Nu in der Evolution!

Werner Friebel/ kurze Wiki-Auszüge


Meinung:

Der "Reframing-Effekt"

Wir kennen alle die unzähligen Geschichten von heute als bedeutend anerkannten Persönlichkeiten, die Zeit ihres Lebens verlacht, nicht gehört oder gar ob ihrer Ideen und Werke verfolgt und gemeuchelt wurden.
Die Wirkung eines einzelnen Teilchens in einem laufenden Prozess zu beurteilen ist besonders für die schwierig, die selber mit drin stecken. Erst aus der Distanz lassen sich Wirkungen von Ideen und Ergebnisse der Prozesse erkennen. Die Nachgeborenen vergrübeln sich im Konjunktiv der "Historischen Schuld": hätte man Auschwitz verhindern können, die Atombombe, Guantanamo, den Umwelt-GAU?
Vielleicht. Bestimmt!
Dazu wäre es nötig gewesen, verschiedene Wegrichtungen dieser Konstellationen zu antizipieren, sich also eine Zukunft in dieser oder jener Variante vorzustellen, um andere Handlungsoptionen zu haben.
Für alle Politiker, Wissenschaftler, Künstler, Medienmacher und Pädagogen, die an den Rädchen der sozial-kulturell-moralischen Evolution mitdrehen gilt es also, gedanklich die Beobachterposition einer fiktiven Zukunft einzunehmen, um den aktuellen Stand der Dinge aus einer vorweggenommenen historischen Perspektive zu beurteilen - einem Schachspieler gleich, der sich von seinem Brett erhebt und die aktuelle Stellung von oben auf deren Entwicklungsmöglichkeiten hin analytisch abklopft, um die gefahrlosesten und vorteilhaftesten Varianten zu erkennen.
Dieses Neubewerten gleicht dem "Reframing-Effekt" im NLP und als kluge Coaches für die Großverantwortlichen dürfens dann schon die besten, nicht von Lobbyisten gemästeten unserer Historiker und Philosophen sein...
Werner Friebel

Unser Medientipp für Alle, die sich für das alte Ägypten interessieren:

Ägypten entdecken


Ein 3sat-Thementag über das Land der Pharaonen

Unser Buchtipp für Alle, die's gern auf spannende Art wissen wollen:
Fünf Millionen Jahre Menschheitsgeschichte zwischen zwei Buchdeckeln, ist das nicht furchtbar öde? Ganz im Gegenteil! Lies es und du wirst Geschichte garantiert nie mehr langweilig finden! Auf 200 Seiten wird radikal aufgeräumt mit dem Irrtum, Geschichte sei etwas Abgeschlossenes, Vergangenes, und du erlebst, wie Geschichte unseren Alltag bestimmt.
Es ist eine aufregende Zeitreise von der Steinzeit bis zu den ägyptischen Pyramiden, quer durch das römische Weltreich bis in die Burgen und Städte des deutschen Mittelalters. Du wirst hinter die chinesische Mauer blicken, nimmst teil an den großen Revolutionen der Neuzeit und erlebst die Erhebung der afrikanischen Völker gegen die koloniale Herrschaft ebenso wie die Befreiung Europas von der barbarischen Nazidiktatur.
Dieses historische Wissen ermöglicht dir das Verständnis aktueller Ereignisse und die Erkenntnis, dass auch alles, was wir heute erleben, zum Prozess der Weltgeschichte gehört. Wissenserwerb als Abenteuer, spannend wie ein Superkrimi.
Übrigens dürfen auch Geschichtslehrer dieses Buch benutzen ...
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Manfred Mai
"Weltgeschichte"
dtv Verlag, 208 S., € 9,50

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Detektive der Vergangenheit - Geheimnisse der Archäologie
Für unser Verständnis von Geschichte reichen überlieferte Texte und Erzählungen nicht aus - erst die dinglichen Hinterlassenschaften vermitteln uns ein konkretes Bild früherer Lebensumstände und -formen.
Das ist die Aufgabe der Archäologie, für die in unserem Geschichtsunterricht leider wenig Platz ist.
Für alle Interessierten (ca. ab 13 Jahre) hat Wolfgang Korn dieses faszinierende und flüssig lesbare Sachbuch geschrieben, das die Pionierleistungen in den Anfängen dieser Wissenschaft, die Entwicklung moderner Methoden und spannende Fälle aus heutigen Grabungen ausführlich beschreibt.
Wir besuchen mit dem Autor die Grabräuber in Ägypten, begeben uns auf die Spur des schlitzohrigen Troia-Entdeckers Heinrich Schliemann, forschen auf der Nordsee nach der versunkenen Stadt Rungholt und verfolgen die Arbeit der experimentellen Archäologen in einem Steinzeitdorf. Das Buch erklärt, wie die Dinge eigentlich unter die Erde kamen, wie die Menschen in früheren Zeiten mit den Schätzen der Geschichte umgegangen sind, und macht uns mit den Fragestellungen und Methoden der modernen Archäologie vertraut. Eine fesselnde Lektüre für alle, die schon immer der Vergangenheit auf die Schliche kommen wollten.
Nicht nur für engagierte Geschichtslehrer fast ein "Muss" zur Präsentation und Verständnisvermittlung von Archäologie in der Schule.
weltgeschichte
Wolfgang Korn
"Detektive der Vergangenheit"
Bloomsbury, 256 S., € 14,90

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Völkermord ist schlimmer als Krieg

Artikel zur Geschichte der Genozide der letzten 100 Jahre